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...das
war unser 2007!
Liebe Freunde!
es ist schwer, es zuzugeben: Doch, ja, wir haben es getan.
Wir haben einen Flachbildfernseher gekauft. Mindestens die
Oktober- und November-Rate des Kindergeldes sind dafür
draufgegangen. Schlechtes Gewissen? In der Zeitung stand ja
so was von "Plasma-TV-Beihilfe", als es um die staatlichen
Familienzuschüsse ging. Und wir tun es ja in erster Linie
für die Kinder, die Superbreitwandfilme wie "Herr
der Ringe" auf unserem alten Kompakt-Röhrenempfänger
auf der Fläche eines A4-Blattes verfolgen mussten. OK,
für zwei Monatsraten Kindergeld hätten wir auch
fast 100 Leselupen bekommen, um Frodo Beutling und seinen
Freund auseinander halten zu können.
Zu spät, unser Wohnzimmer beflackert jetzt ein kraftvolles
80-Zentimeter-LCD-Display und bringt die Balance der Werte
gehörig in Gefahr: Denn das Gerät überragt
das Klavier um mehrere Zentimeter. Und weil man am Heiligen
Abend nicht fernsieht, haben wir das Ding sogar schon am vierten
Advent in Betrieb genommen. Nun ja, derlei Sünden kompensieren
wir durch viel arte und 3sat – sowie mit unserem Konzert-Abo
im Berliner Schauspielhaus. Tilman wird ab dem neuen Jahr
wieder in einem Chor singen!
Und
die Neuntklässlerin Tabea besucht
noch immer den Saxophonunterricht, obwohl sie das Üben
gehörig nervt - wie die meisten Instrumentalschüler.
Dafür geht sie wahnsinnig gern mit Freundinnen
in das Musical "Linie 1" am Grips-Theater
Berlin, beispielsweise zu ihrem Geburtstag. Sie sucht
sich klampfend auf der Gitarre die Akkorde zu den Liedern
zusammen, die sie mit ihren Altersgenossen bei der Kirchen-Jugend
singt. Sie beklopft Tischkanten und Oberschenkel nach
Schlagzeuger-Art und träumt von einem eigenen Probenkeller
für eine noch zu gründende eigene Rockband.
Sie verpasst keine Harry-Potter-Ausgabe, weder Buch
noch DVD. Im Kino sieht sie Beziehungskomödien
wie "Kleinohrhasen" – gleich dreimal.
Sie will weiterhin Schauspielerin werden. |
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Beendet
haben wir das Jahr 2007 dort, wo wir es begannen: In einer
Ferienvilla auf der Ostseeinsel Usedom. Während die Raketen
in den Silvesternacht-Himmel zischten, loderte im Kamin selbst
geschlagenes Holz aus dem Küstenwald. Zittauer Freunden
hörten wir beim Musizieren in einer der Inselkirchen
zu, mit Berliner Freunden grillten wir Käse und Fleisch.
Bei Zempin
(Usedeom) |
In den Köpfen reifen dann die Vorhaben für
2008, aber es kommen auch die Erleb- und Versäumnisse
der vergangenen Monate hoch: Noch immer keine Putzfrau,
keinen Trauschein, kein Grundstück! Um letzteres
haben wir uns 2007 erstmals gehörig bemüht.
Noch im Vorjahr belächelten wir die Stammberliner,
die sich mit dem Wagen Freitagnachmittag in den Stau
einreihen, um den Garten zu erreichen. |
Seit Leander Ansammlungen von Bäumen
auch außerhalb Berlins generell als "Park"
bezeichnet, sind wir geläutert und sehen uns in der Pflicht,
den Nachwuchs und uns selbst etwas zu Renaturieren. Wochenend-Ausflüge
an die Seen der Schorfheide mit der Häuschensuche zu
verbinden, ist ja auch eine lustvolle Sache. Zu heiraten wäre
eher eine Sache der Form – nach 18 gemeinsamen Jahren
und zwei ebensolchen Kindern.
Mit Kennerblick ermessen wir jetzt
Grundstücksgrößen oder den Sanierungsbedarf
poröser Mauerwerke. Wir wissen die Quadratmeterpreise
südlich und nördlich von Berlin, jedoch noch immer
nicht die Öffnungszeiten des Standesamtes. Zumindest
als verheiratet ausgegeben haben wir uns übrigens zu
Heiligabend – vor der versammelten Kirchgemeinde Weißensee,
wo wir im Krippenspiel die beiden Hauptrollen verkörperten.
Ja, wirklich!
Doch
klar war ja auch: 2007 hat beim Feiern Tabea
den Vorrang. Viele waren bei ihrer Konfirmation
dabei, am Vorabend zur Party vor den Toren Berlins oder
zum Konfirmationsgottesdienst in der Weißenseeer
Kirche. Am Lagerfeuer begegneten sich Dutzende Zittauer
und Berliner, schwatzten, spielten, musizierten. Ihre
Freunde und Verwandten überhäuften Tabea mit
Erinnerungen – dokumentiert in Geschichten, Bildern,
Fotos, Flaschen und anderen Dingen aus gemeinsamen Zeiten.
Am Ende aller Rätselrunden stand die Reise in die
Stadt der sechs erratenen Buchstaben: LONDON. Und die
14-Jährige war sehr erleichtert, als der Vater
ihre Befürchtung zerstreute, sie müsse allein
dahin reisen. So eine Konfirmation vorzubereiten, nimmt
schnell die Dimension einer Hochzeit an. Der erste Test-Spaziergang
vor Ort lag im Januar.
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Lachen
über Erinnerungen |
Die
Gedanken kreisen um das nahende Fest: Im Skiurlaub
im tschechischen Rokytnice, beim Oster-Reiten in Zittau, beim
Eiersuchen in Olbersdorf, beim Land-Wochenende bei Freunden
nahe Bad Saarow im Mai, beim Paddeln auf der Spree, am Lagerfeuer
bei Freunden in Buchholz. Heute erinnern wir uns an zwei traumhafte
Festtage >>>und
die erlebnisreiche Viertagesreise nach London –
die nebenher auch für Tilman außerordentlich interessant
war. "Berlin ist ein Dorf!" resümierte Tabea
nach der Rückkehr, begeistert von der Briten-Hauptstadt.
Und das hing nicht nur mit dem ab Flughafen Berlin-Schönefeld
stadteinwärts verhängten Schienenersatzverkehr zusammen:
Wer dort sonntags nach zehn Uhr abends landet, kommt sich
vor wie abgeworfen über einem uckermärkischen Nest,
verschlungen in Finsternis und Einsamkeit.
Ganz anders endete Silkas diesjähriges Flugerlebnis:
Leanders Patenonkel Wolfram, von Beruf Verkehrspilot, hatte
seinen Patensohn und dessen Mutter überzeugt, einem Rundflug
zuzustimmen. Von Finow aus glitt die Cessna bei knapp 1000
Fuß Höhe durch ruhige Luft über Berlin-Weißensee
und zurück. Vor drei Jahren dagegen hatte bei einem ähnlichen
Flug orkanartiger Wind nicht nur das Tragwerk der einmotorigen
Maschine, sondern auch die Passagiere Tilman und Tabea an
ihre Belastungsgrenzen gebracht.
In
der Luft über dem Barnimkreis |
Diese Grenzen testeten die beiden 2007
an anderen Stellen: Weil die Theresienschülerin
Tabea trotz vieler Mühe sich nicht im erhofften
Maß verbessert, erwägen wir einen Schulwechsel,
weg von der katholischen Privatschule, an der die Lehrer
mehr verlangen als anderswo. Tilman machte seine >>>"Netzeitung"
zu schaffen, deren neuer Eigentümer just einen
Tag vor unserem Sommerurlaub einen Paradigmenwechsel
ankündigte. Unruhe im Kollegium waren die Folgen,
über die sich Tilman am Ferienort auf dem Darß
über Telefon oder in der "FAZ" informieren
konnte. Nachdem erheblicher Personalwechsel und ein
Umzug der Redaktion das Arbeiten über Monate hinweg
stark erschwerten, hat sich die Situation in den letzten
Wochen erfreulich stabilisiert. |
Zur
selben Zeit etwa stoppte Silkas Arbeitgeber Umstrukturierungs-Pläne
– zumindest spricht derzeit keiner öffentlich davon.
Wir lernen viel in diesen Monaten.
Auch
Leander hat viel gelernt: In Rokytnice heizte
er nach wenigen Tagen auf Abfahrtsbrettern den Skihang
hinab. Nicht ohne von oben her zu prüfen, ob die
in der Lift-Wartenschlange rauchenden Berliner Schulmädels
auch aufmerksam zu ihm hochblickten. Komplimente einsammeln
fällt dem Charmeur nicht schwer. Radfahren kann
er seit unserem Landwochenende nahe Bad Saarow im Mai.
Schwimmen lernt er gerade über den Kindergarten,
der die Fünfjährigen wöchentlich bringen
und abholen lässt. Seine Familie hat Leander über
alle Details informiert: Der Schwimmlehrer heißt
Olaf, der Fahrer des Kleinbusses heißt Hartmuth
und kommt aus Thüringen. |
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Im Sommer werden wir also gemeinsam schwimmen und
plantschen, ob in der Ostsee oder der Loire, hängt
davon ab, ob wir uns ein schnelleres Auto kaufen. Vielleicht
auch nur in den Seen der Schorfheide, nach der samstäglichen
Häuschensuche…
Tabea will sich für eine Jugendfreizeit im Sommer
anmelden, in Norwegen. Vielleicht wird was aus der
mit Tilman geplanten Radtour. Sie geht allmählich auf
Distanz zu den Urlaubsplänen der Eltern. Zur für
Februar geplanten Skiwoche wird das kleine und langsame Auto
noch ausreichen – nur Leander kommt dahin mit.
Auf
der Spree |
Eines
unbestimmten Tages im August werden wir Leanders Schulanfang
feiern. Noch hat der Bildungssenator sich nicht
festgelegt. Eine Schule haben wir auch noch nicht. Erst
im Sommer wird klar, ob Leander die Grundschule um die
Ecke besuchen darf oder ob die Behörde uns irgendeine
zuweist. Zu viele Kinder gibt es neuerdings in Weißensee.
Über Wochen hinweg haben wir im Herbst Elternabende
im Bezirk besucht, an den Schulen die Motivation der
Lehrer abgecheckt, den Krankenstand ergründet,
uns auf Wartelisten gesetzt, Montessori- gegen Frontalunterricht
abgewogen, umweltbetont und kunstbetont gegen Arabisch
und Chinesisch ab der ersten Klasse… |
Soll
es die Privatschule auf unserer Straße sein, auch wenn
dafür finanziell Sommer- und Winterurlaub gleichermaßen
draufgehen? Oder sollte nicht die staatliche Grundversorgung
ausreichen?
Wir
haben das Berliner Schulgesetz studiert und versuchen nun,
Leander mit seinen Jahrgangsgenossen aus dem Kindergarten
gemeinsam in eine Klasse zu bekommen. Das soll die Chancen
steigern. Dem Schulleiter sind wir gleich als Väter-Quartett
auf die Pelle gerückt. Tilman hat sich als Online-Journalist
geoutet und die Pflege der vollkommen veralteten Schul-Webseite
angeboten, sollte sein Sohn angenommen werden… Zu Ost-Zeiten
hätten sicher 20 Westmark geholfen. Doch die verdient
der Schulleiter heute in einer Viertelstunde…
Den Ausgang der Geschichte verbreiten wir spätestens
in einem Jahr.
Wer
heute bis hierhin gelesen hat, dem wollen wir auch dies nicht
vorenthalten: Tilman und Silka werden 40.
Feiern wollen wir das an dem bewährten Termin, an welchem
wir vor zehn Jahren inmitten der barocken Mauern des Zittauer
Pfarrhofs ein rauschendes Fest gaben. Ein Datum, das sich
aus unseren Geburtsdaten errechnet: Freitag, der 6. 6.! Schon
mal im Kalender blockieren, bitte. Aber auch unabhängig
davon hoffen wir auf schöne Begegnungen und Wiedersehen
mit euch – in der Nähe und Ferne. Bis dahin euch
allen, egal wie alt, ein schönes und behütetes Jahr
2008!
Liebe
Grüße aus Berlin-Weißensee - Silka, Tilman,
Tabea und Leander
P.S. Wenn wir über die Wochenenden der warmen Monate
hinweg jeden von euch einmal besuchen, brauchen wir auch
keine eigene Wochenendresidenz. Eine Putzfrau dann aber
schon.
>>>...das
war 2006 !
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